#0202 Salvador-Allende-Viertel I+II

Salvador Allende wurden gleich zwei Viertel gewidmet

Irgendwie klingt es ja schon geheimnisvoll, oder? Und nicht nur einen spannenden Namen hat das … haben die beiden Allende-Viertel zu bieten. Begleite die Stadtkönigin auf eine Reise ins Grüne. Was? Ja, du hast richtig gehört.

Zeichnung der Stadtkönigin im Berliner Salvador-Allende-Viertel, die frisch gebackenes Brot isst
Frisches Brot und eine angenehme Kulisse: Die Stadtkönigin im Köpenicker Salvador Allende-Viertel

Waldluft auf dem Balkon im Allende-Viertel II

Offiziell spricht man aber doch in der Einzahl von dem Viertel, also bleibe ich dabei. Das Salvador-Allende-Viertel, oder kurz Allende-Viertel, zeichnet sich durch seine Nähe zum Wald aus. Es liegt im beschaulichen Stadtteil Köpenick, der eher für seine Altstadt, für den Müggelsee, die Müggelberge und und das viele Grün an sich bekannt ist. An Plattenbauten denkt man dabei nicht zwingend.

Und doch, auch in dieser Umgebung, die so gar kein Flair von hektischer, lärmender Großstadt hat, trifft man auf eine Großwohnsiedlung. Um dorthin zu gelangen, fahre ich mit dem Bus zum Müggelschlösschenweg. Auf der Straße liegen an der einen Seite Grundstücke mit Haus und Garten, die Blair-Witch-Bushalte, über die ich bereits berichtet habe, und schließlich viel Wald. Auf der gegenüberliegenden Seite Hochhäuser in langen Zeilen. Die Endhaltestelle ist auch der äußerste Rand des Allende-Viertels.

Hier steigen wir aus und sehen uns erst mal Allende II an. Es ist das neuere der beiden Viertel und entstand Anfang der 80er-Jahre in der Kämmereiheide. Das ist der Name des Waldes, in den die Großwohnsiedlung hinein gebaut wurde. Und er ist immer noch omnipräsent zwischen und hinter den Häusern. Eine lange Häuserzeile säumt ein kleines Stückchen Restwald. Das Aroma von Kiefern liegt in der Luft.

Foto eines Innenhofes im Salvador-Allende-Viertel II, in dem Kiefern und Laubbäume wachsen
Den Wald im Innenhof: Salvador-Allende-Viertel II

Containerdorf und Lagerfeuer

Ich laufe an mehreren Baustellen vorbei (ein Schulhaus wird saniert) und dann tauchen Containerbauten vor mir auf. Zunächst bin ich schockiert. Leben geflüchtete Menschen denn in solchen Containern? Recherchen und ein Umlaufen des Containerdorfes bestätigen, was ich vermutet habe. Es gibt einen Verein namens Allende 2 hilft, der aus einer Bürgerinitiative hervorgegangen ist und sich dafür einsetzt, das Leben der Geflüchteten zu erleichtern und sie mit den Anwohner*innen zusammenzubringen. Eine weitere Initiative der Senatsverwaltung Berlin, BENN genannt, kümmert sich ebenfalls um das Zusammenbringen der Anwohner und der Geflüchteten.

Ganz in der Nähe befindet sich ein weiteres soziales Projekt: der Mehrgenerationengarten BUDE. Ein Lagerfeuer brennt in der Mitte des Geländes. Familien sitzen an Tischen, viele Kinder sind da. Es gibt die Möglichkeit, Stockbrot am Lagerfeuer zu backen, es gibt Gegrilltes und frisch gebackenes Brot.

Ich kaufe ein Brot. Es ist noch heiß und dampft, wenn ich ein Stück abreiße. Ich gebe dir ein Stück ab, probier mal! Und dann begeben wir uns frisch gestärkt Richtung Krankenhaus Köpenick, das zwischen Allende I und II liegt. Schließlich haben wir noch ein weiteres Viertel zu erkunden.

Jetzt, wo wir so gemütlich die Straße entlang schlendern, ist die Zeit gekommen, über die Geschichte des Viertels zu reden, oder? Allende I wurde Anfang der 70er-Jahre gebaut. Das Viertel hieß in der Bauphase nicht Salvador-Allende-Viertel. Bevor die Plattenbausiedlung gebaut wurde, war da eine Kleingartensiedlung, Amtsfeld genannt. Ab 1971 wurde die Großwohnsiedlung dort gebaut.

Foto eines zotteligen Sonnenschirms, der aus einem Fenster im Salvador-Allende-Plattenbau ragt

Salvador Allende und Pablo Neruda

Diese beiden Männer scheinen in dem Viertel überall präsent zu sein. Ein Blick in die Biografien zeigt, dass sie beide im September 1973 gestorben sind, als das Viertel noch ganz jung war. Der Namensgeber der Plattenbausiedlung war von 1970-1973 Präsident Chiles.

Er war ein demokratisch gewählter sozialistischer Präsident, der die Kluft zwischen Arm und Reich vermindern wollte. Dafür wurden Industriezweige verstaatlicht, Löhne von Werktätigen erhöht, Bildung für jeden zugänglich gemacht und Land umverteilt. Doch Chiles Bevölkerung war zwischen links und rechts tief gespalten und jene, die Besitz hatten, wollten ihn ungern abgeben. Es kam öfter zu Unruhen.

Das Militär putschte am 11. September 1973 gegen Allendes Regierung und griff den Regierungspalast an. Dort nahm sich Allende das Leben, als klar war, dass seine Regierung keine Chance hatte. Der Regierung Salvador Allendes folgte eine Diktatur. Pablo Neruda stand dem Präsidenten sehr nah. Er war Dichter und Schriftsteller, Politik spielte eine wichtige Rolle in seinen Werken. Am 23. September starb er in einem Krankenhaus. Bis heute vermutet man, dass er vergiftet worden war.

Mehr zur Regierung Salvador Allendes findest du bei der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb).

Mittlerweile sind wir im Salvador-Allende-Viertel I angekommen. Es ist anders hier. Alles wirkt gigantischer als im anderen Teil der Großwohnsiedlung. Die Plattenbauten sind hoch und vor allem lang. Der ebenfalls riesige Innenhof eines Gebäudes wird an drei Seiten von dem Gebäude eingerahmt. Die Fassade schmücken blaue und weiße Platten, die von Weitem wie Fliesen aussehen.

Der Innenhof eines Wohnkomplexes in der Großwohnsiedlung Allende-Viertel in Berlin-Köpenick
Innenhof im Salvador-Allende-Viertel I

Die Namensgebung des Allende-Viertels I war nie so richtig offiziell

Eigentlich wurden nur die Straßen, die an zwei Seiten des Viertels verlaufen, umbenannt. Und zwar in Pablo-Neruda-Straße und Salvador-Allende-Straße. Allende „bekam“ auch noch eine Brücke und ein Denkmal in dem Viertel in Form einer Büste. Auch eine Schule im Viertel wurde damals in Salvador-Allende-Schule umbenannt. Die Namensgebung geschah zu DDR-Zeiten und war ein wichtiger Akt der internationalen Solidarität und der Solidarität zu Chile. Irgendwann sagte jeder auch zu dem Wohnviertel Salvador-Allende-Viertel.

Als dann das zweite Wohnviertel hochgezogen wurde, bekam es einfach nur den Namen Allende-Viertel II.

Die Fliesenoptik an den Gebäuden gibt es auch mit Gelb. Dann wechselt der Stil und ich laufe an einem Haus mit lauter bunten Balkonen vorbei. Auch Allende I hat eine Unterkunft für Geflüchtete. Zumindest bald, denn sie wird noch gebaut. Noch vor ein paar Jahren war die damalige Unterkunft auch überaus gruselig anzusehen. Doch da steht jetzt ein Neubau mit bunten Balkonverkleidungen und sieht gut aus. Im Frühjahr 2022 soll es bezogen werden.

Wenn du einen Ausflug im Real-Life hierher machst, plane ruhig Zeit ein und mache einen Abstecher in den Wald. In meinem Artikel über das Waldbaden erfährst du, wie du deinen Waldspaziergang richtig genießen kannst. Falls dich das kleine Viertel mit seiner großen Geschichte nun so neugierig gemacht hat, dass du sofort mehr darüber wissen und sehen willst, habe ich hier ein Video und einen Podcast für dich.

Und wir sehen uns in zwei Wochen wieder, dann zeige ich dir die weniger bekannte High-Deck-Siedlung in Neukölln.

Lass dich überraschen. Bis dahin viel Spaß und immer schön rausgehen!

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